Teil 1 - Freitag: 06.06.03     Teil 2 - Samstag: 07.06.03     Teil 3 - Sonntag: 08.06.03     Teil 4 - Montag 09.06.03


Folge 24: 06.-09. Juni 2003 - 12. Wave Gotik Treffen 2003 (Leipzig):

Einen wunderschönen guten Morgen und willkommen zurück zum WGT Bericht 2003. Ich hoffe Ihr habt nicht halb so mies geschlafen wie ich und seid frohen Mutes für den zweiten Festivaltag. Auf geht’s!
 

 Teil 2 - Samstag: 07.06.2003:

 13:30 - Ein Parkplatz am Ende der Welt:

Wie heißt es doch so schön? Alles hat seine Vor- und Nachteile! Während man als Zeltbewohner, eine auf Festivals bekanntermaßen zahlreich anzutreffende Spezies, in der Regel nichts gegen sonniges Wetter hat, entwickelte sich die sengende Glut, die vom wolkenlosen Himmel herunter brannte für Auto-Schläfer wie mich zu einem wahren Martyrium.

Die unerträglichen Saunatemperaturen waren es dann auch, die mich dazu veranlassten, den für heute Nachmittag geplanten Abstecher zur Parkbühne deutlich vorzuverlegen. Gegen halb 2 machte ich mich daher leicht lediert auf den endlos erscheinenden Weg zur nächsten Straßenbahnhaltestelle, wo bereits ein kleines Grüppchen skandinavischer WGT-Besucher ungeduldig auf das Eintreffen der Linie 11 wartete (allerdings mit dem kleinen Zusatz, dass sie wohl auch in jede andere Linie eingestiegen wären die dort gehalten hätte).

 14:00 - Mit der Bummelbahn in den Park:

Als gegen zwei Uhr das erwartete Gefährt heranrollte, befanden sich nur wenige Passagiere an Bord. Einen gemütlichen Sitzplatz einnehmend betrachtete ich die Welt, wie sie an mir vorbeizog. Doch schon an der nächsten Haltestelle wurde die Idylle zerstört. Schwallartig strömte eine nicht abreißen wollende Menschenmenge in den Fahrgastraum, die schnell den Gedanken an eine Sardinenbüchse aufkommen ließ. Wie hatte es Mozart gestern so schön formuliert? „Alles Schwarz hier! Ist das nicht geil?“. Wie dem auch sei, für die nächsten 20 Minuten rumpelte die Bummelbahn durch die Straßen der Stadt Leipzig und trug hunderte schwarzgewandete Menschen ins Herz der Großstadt.

An der Haltestelle „Wilhelm Leuschner Platz“ war dann für mich (und viele andere) Endstation, beziehungsweise Zeit zum Umsteigen gekommen. Nach einem kurzen weiterführenden Trip in Richtung Parkanlagen, war dann jedoch wieder festes Schuhwerk gefragt. Der stramme Fußmarsch in Richtung Parkbühne ließ bei mir allmählich den Gedanken aufkommen „Rittis Feierabend“ in „Rittis Wandertag“ umzutaufen, bis inmitten der wunderschön angelegten Parkanlagen allmählich das Reiseziel in Reichweite rückte.

 14:50 - Ein lustiger Geselle:

Bevor es aber nun ins Allerheiligste ging, erweckte etwas oder besser gesagt jemand meine Aufmerksamkeit, den ich im Rahmen eines Gothic-Festivals eigentlich am allerwenigsten zu treffen vermutet hätte, einen Clown!!!
Gegenüber des idyllisch gelegenen Eiscafés stand er auf der Straße und bemühte sich mit lustigen Tuchtricks und Jongliereinlagen die umherlaufenden Passanten zu unterhalten. Auf die Frage ob er denn wisse was zur Zeit in Leipzig los sei, beziehungsweise was in Kürze hundert Meter weiter los sein würde gab sich der Alleinunterhalter herzlich ahnungslos. Hätte er gewußt, was ihm keine Stunde später wiederfahren sollte, hätte er sich vermutlich besser vorbereitet. Doch dazu gleich mehr!

 14:55 - Hinein sprach Wallenstein...:

„Wenn es jetzt hier gleich los geht, dann möchte ich dass ihr mal ein bisschen näher an die Bühne rückt!“ schallte es kurze Zeit später aus Richtung Parkbühne. Scheinbar hatte sich Moderator Oliver Klein, gestern noch in der Agra tätig, hierhin zurückgezogen, um die nun folgenden Bands anzukündigen. Somit wurde es langsam Zeit das Eingangstor zu passieren und ins Innere des klassisch gehaltenen Baus vorzurücken (Das Open-Air-Interieur erinnerte etwas an alte Amphi-Theater).

 15:00 - Desert & Fortune:

Pünktlich wie die Maurer traten Desert & Fortune um 15 Uhr auf die Bühne. Die vier schwarzgewandeten Herren mühten sich dabei von Beginn an redlich, die kärgliche Zuschauerkulisse zu ignorieren. Mit Eifer bei der Sache, spielten sich Sänger Björn Schanz, Drummer KaiN (irgendwas sagt mir sein Vorname ist Kai und sein Nachname beginnt mit N), Bassist Stein und der 2002 von den Bates hinzugestoßene Gitarrist Reb in die Ohren der Zuschauer und zogen nach und nach immer mehr Leute vor die Bühne.

Rein musikalisch bot das 1995 gegründete Quartett soliden, unaufdringlichen Gothic-Rock, dem es neben einigen ruhigeren Momenten nicht an knackigen Passagen fehlte. Positiv festzuhalten bleibt auch, dass Sänger Schanz immer wieder den Kontakt zum Publikum suchte und es mit kleinen Ansagen auf die jeweils folgenden Stücke vorbereitete. Die Auswahl der Songs beschränkte sich dabei nicht nur auf das Label-Debütalbum „Black Coloured Days“, welches mit Songs wie „Possession, „Dying Star“ und dem auf der Band-Webseite gewünschten „Kiss of a Vampire“ recht gut vertreten war, sondern bot darüber hinaus einige Überraschungen: Gleich der zweite Song, „Black Nation“, öffnete die Studiotür der „glücklichen Wüstensöhne“ einen Spalt weit und das mitreißende „Soul Befight“ gegen Ende machte klar, dass die vier Jungs in Zukunft eine ganze Menge vor haben.

Fazit des Ganzen: Hier spielte eine ambitionierte Band, deren Weg es lohnt ihn weiter zu verfolgen.

 15:50 - Bloody Dead & Sexy:

Einen musikalischen Beitrag völlig gegensätzlicher Natur bot die anschließende Band „Bloody Dead and Sexy“. Bevor das eigenwillige Quartett allerdings die Bühne entern durfte, gab es eine drollige Überraschung zu vermelden: Niemand geringerer als der lustige Clown aus dem Park wurde von Olli auf die Bühne geschleift und durfte mit ein wenig Gealber die blutig toten Sexbolzen ankündigen. Man konnte zwar das Gefühl, das der Herr nicht so recht wusste wie ihm da gerade geschah, doch setzte diese Aktion einen sympathischen Farbtupfer auf das dunkle Herz des Wave Gotik Treffens.

Damit war aber auch schon Schluss mit Lustig, denn Rosa Iahn (Gesang), Tim Schande (Bass), Björn Henningson (Drums) und d´hAmm (Gitarre) begaben sich in Position. Hatten Cinema Strange bereits gestern die  Nerven des Publikums reichlich strapaziert, so sollte nun der absolute Tiefpunkt des WGT auf mich und die etwa 200 anderen Besucher niedergehen. Schräge Outfits der Marke „Marilyn Manson nach dem dritten Schlaganfall“ und 30 Minuten schwer definierbaren Lärms reichten aus, um so manchen Musikfreund auf direktem Wege in die Flucht zu schlagen.

Zugegeben, auch für Darbietungen wie diese hier, gibt es immer Menschen denen sie gefallen, doch ein simpler Blick in die Kulisse verriet, dass die hier absolut in der Minderheit waren. Der gelangweilte Gesichtsausdruck des Bassisten als Reaktion auf die laue Resonanz sprach dazu Bände: „Show abreißen und dann nix wie weg hier“, so schaute es zumindest aus. Das einzig Positive, was diesem Schauspiel abzuringen war lag darin, dass es nach einer halben Stunde überstanden war. Sorry Jungs, da habt ihr keinen sonderlich guten Eindruck hinterlassen . Und ganz nebenbei: Ihr mögt ja privat dufte Typen sein aber mit einem angenagelten Jesus am Mikroständer schockt ihr höchsten Oma Erna aus dem Ohrensessel.

 16:40 - Bloodflowerz:

Nach diesem mittelschweren Kulturschock stand nun glücklicherweise eine Band, deren Potential sich nicht auf den Einsatz hübsch-hässlicher Kostümchen und purer Lautstärke beschränkt: Die Bloodflowerz.

Spielten sich die Musiker aus dem Süddeutschen anno 2002 mit diversen Festivalauftritten, dem respektablen Debütalbum „Diabolic Angel“ und einer extrem erfolgreichen Support-Tour im Vorprogramm von Subway to Sally in die Herzen zahlreicher Fans, wollten sie sich heute erneut von ihrer besten Seite zeigen und die halbstündige Spielzeit zur Uraufführung ihres brandneuen zweiten Albums „7 Benedictions / 7 Maledictions“ nutzen.

Eine echte Premiere war es also, die gleich auf der Parkbühne zu erleben sein sollte. Doch bevor losgehen konnte, bedurfte es wie immer des obligatorischen Soundchecks. Hierbei entdeckte Frontfrau Kirsten den Marc Almond in sich und schmetterte eine kurze Passage zum Thema „Tainted Love“ in die Akustik (lustige Textaussetzer inklusive). Nach einigen weiteren kleinen Probeläufen hieß es dann „Bühne frei für die Bloodflowerz“:

„Lasst das Feuer in euren Herzen brennen“, begrüßte Kirsten die inzwischen zahlreich gewordene Fanschar und die drei Herren, Markus (Gitarre), Jojo (Bass) und Tim (Drums) marschierten mit „Ablaze“ vom „Diabolic Angel“-Album kraftvoll-rockend voraus. „Keine Zeit verlieren und schnittig auf den Punkt kommen“, lautete somit das Motto der ersten Minuten. Schnell mischten sich im Publikum die ersten Kopfnicker unter Volk, denen die servierte musikalische Büffet sichtlich zu schmecken schien.

Mit Song Nummer zwei begann dann die Präsentation des neuen Albums. „Black Snake Sister“ sollte eigentlich den Anfang machen, bis sich ohne ersichtlichen Grund Markus Gitarrenverstärker ausklinkte und dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung zog. „Dem ist es wohl zu heiß geworden“ mutmaßte Kirsten, während Markus eilig an seinen Geräten herumnestelte. Wie schon in der Vergangenheit, besann sich Kirsten nun auf ihre Stärke ein Publikum bei Laune halten zu können und plauderte munter drauflos: „Sind ja lauter gut angezogene junge Menschen hier“ bemerkte sie zunächst, schlug dann vor ein gemeinsames Lied anzustimmen (bei dem sich keiner so recht traute) und erläuterte noch einmal kurz, dass es in dem gleich folgenden Song um die Bosheit der Frauen ginge.

Als die technische Panne überwunden war, schritten die „Bloodflowerz“ mit Siebenmeilenstiefeln voran. „Black Snake Sister“, „Too Much (“Alcohol”)“, „Fire in Paradise“ und „False Gods“, mit Markus als Zweitstimme gaben einen guten Einblick in das neue Album und kamen sehr gut an. Hier und da wurde gebangt und viele Besucher schauten äußerst interessiert zu, als Kirsten auf der Bühne ihre Dreadlocks kreisen ließ. Auch „Dorian“, der neue Krachersong aus dem Hause „Bloodflowerz“ verfehlte seine Wirkung nicht und wurde nur noch vom abschließende „Diabolic Angel“ getoppt, jenem Song mit dem sich Kirsten und Co. im letzten Jahr in die Herzen ihrer Fans gespielt hatten.

Leider war das Vergnügen insgesamt etwas zu kurz, um es wirklich genießen zu können. Das Konzert erweckte aber dennoch den Eindruck, dass da eine Band auf der Bühne stand, die weiß was sie will und die in der Lage ist aus kleinen Pannen keinen Staatsakt werden zu lassen. Die Premiere der neuen Songs kann ebenfalls als gelungen verbucht werden, da vor allem Songs wie „Too Much“ oder „Fire in Paradise“ deutlich lebendiger als aus der Konserve klangen und sich das Publikum von seiner aufgeschlossen präsentierte. Hier spielte definitiv eine Band, von der in Zukunft noch zu hören sein wird.

 17:30 – Inkubus Sukkubus:

And now for something completely different: Inkubus Sukkubus! Eine Band, die man wohl den Allerwenigsten noch vorstellen muss. Bereits 1989 durch Candia Ridley und Tony McCormack gegründet, gehören die Briten mittlerweile zu den echten Veteranen der Gothic-Szene. Von einigen scherzhaft als „Modern Talking der Gothic-Szene“ bezeichnet, verfolgten sie stets unbeirrbar ihren Weg und landeten mit ihrem Rezept aus treibender Elektronik, rockigen Gitarren und Candias unverwechselbarer Stimme diverse Hits.

Was Inkubus Sukkubus dann im Rahmen ihrer Spielzeit boten, war eine Art Greatest Hits Sammlung: Angefangen bei dem neu aufgelegten „Wytches“, über Songs wie „Smile of Torment“ oder „Take my Hunger“, bis hin zu Klassikern wie „Heart of Lilith“, „Vampire Erotica“ und „Belladonna & Aconite“ kam ein buntes Mischung aus allen Schaffensperioden zu Gehör. Bestens aufgelegt spielte die Band ihr Set herunter, wobei vor allem Candia und Tony für positive Schwingungen sorgten. Ein schwarzes Lederoutfit aus der Kategorie Sexy Hexy tragend, tanzte Candia beschwingt über die Bühne, während Tony meist mit verschmitztem Lächeln über seine Saiten hinweg schrammelte.

Angesichts solch guter Laune war es wenig verwunderlich, dass das Publikum auf den mittlerweile sehr gut besuchten Rängen bereitwillig mitzog. Songs wie „Lucifer Rising“ wurden dankend aufgenommen und ließen ein Gefühl von Wehmut aufkommen, als nach rund 40 Minuten das muntere Spiel der Briten zu Ende ging.

 18:10 – Zurück zur Agra-Halle:

Nach diesem wahrlich angenehmen Erlebnis, war es für mich so weit, die Parkbühne zu verlassen. Das vielversprechende Abendprogramm in der AGRA-Halle lieferte dabei mehrere Gründe, den frühzeitigen Rückzug anzutreten. Bevor ich mich jedoch mit einem deftigen Sonnenbrand im Gepäck auf den Weg zur Straßenbahn schwang, beobachtete ich noch ein wenig die zahlreichen Parkbesucher, welche es sich im Schatten der aufragenden Bäume gemütlich gemacht hatten. Zugegeben hier konnte man es aushalten und so konnte ich mich nur langsam konnte von der entspannenden Atmosphäre dieser Location lösen.

Der Rückweg gestaltete sich dann glücklicher Weise wesentlich leichter als erwartet. Überraschend bekam ich von zwei hilfsbereiten Damen eine Mitfahrgelegenheit zum Agra-Gelände angeboten, die ich unmöglich ausschlagen konnte (vielen lieben Dank noch mal dafür). Somit blieb nun genügend Zeit, dem Café einen Besuch abzustatten, Kräfte zu tanken und zu späterer Stunde noch ein kurzes Treffen mit den Bloodflowerz zu erleben, die sich hier für ihre bevorstehende After-Show Party regenerierten.

 21:35 – Placebo Effect:

Das Konzert von Placebo Effect war bereits seit über einer halben Stunde im Gange, als ich mich dazu entschloss der seit 1998 aufgelösten Elektro-Formation um Frontmann Axel Machens einen Besuch abzustatten. Keine Minute zu früh, um es mal vorsichtig zu formulieren, denn was da auf der Agra-Bühne gerade abging, war mit weitem Abstand die progressivste Live-Show des Wochenendes:

In der aufwendig gestalteten Kulisse aus Schaufensterpuppen und rosa rauschenden TV-Monitoren, stand Axel Machens mit weißem Arztkittel und beugte sich nach vorne über einen verdächtig aussehenden Tisch. Auf diesem Tisch lag ein (noch) weißes Tuch, unter dem sich andeutungsweise der Körper einet menschlichen Leiche verbarg. Zu den Klänge von „Move“, wurde es dann schlagartig sehr morbid: Fleischermeister Axel wühlte in der Masse unter dem Tuch herum, besudelte seinen Kittel mit triefend roter Soße und zog nun Stück für Stück wabbelige Fleischklumpen aus der Leiche. Darüber hinaus stand daneben ein Herr mit Motorflex, der das derbe Spektakel begleitete und einen eindrucksvollen Funkenregen niederprasseln ließ.

Angesichts solch optischer „Genüsse“ war es nicht verwunderlich, dass sich vor der Bühne eine begeisterte Menschentraube gebildet hatte, die der kleinen Splattershow mit gespannten Blicken folgte. Vielleicht sollten Placebo Effect sich nach knapp 5 Jahren Pause doch noch einmal zusammenraufen. Das entsprechende Publikum dafür scheint in jedem Fall noch immer vorhanden zu sein.

 22:35 VNV Nation:

Probleme über Probleme technischer Natur bedingten es, dass das Konzert der nachfolgenden VNV Nation um eine gute Viertelstunde nach hinten verlegt werden musste. Der komplexe Umbau nach dem Auftritt des Placebo Effekts forderte seinen Tribut. Doch während sich die Stage-Hands auf der Bühne abmühten etwas Ordnung in das entstandene Chaos zu bringen, hielten sich die Anhänger von Ronan Harris und Mark Jackson schon mal mit dem Hissen der VNV Nation-Flagge bei Laune. Dicht gedrängt wie die Ölsardinen ging es der Show entgegen, als die Agra-Halle, das sei hier mal festgehalten, sprichwörtlich aus allen Nähten platzte.

Dementsprechend euphorisch waren die Reaktionen als kurz nach halb Elf die Techniker verschwanden und Drummer Mark mit zwei zusätzlichen Keyboardern die Bühne enterte. Ein kurzes Intro später wich das blauliche Dimmerlicht der Scheinwerfer einem hellen Glanz und „Mr.Futurepop“, Ronan Harris, eilte mit den Worten „Guten Abend Leipzig“ auf die Bühne . Wie ein Derwisch fegte er sogleich in seinem Revier los und riss die Fans auf brachiale Weise mit und was jetzt in den ersten Reihen und weit darüber hinaus abging, lässt sich mit normalem Worten nur noch annähernd beschreiben: Tanzen, Hüpfen, Klatschen, Springen...Grufties außer Rand und Band! Die Hütte kochte!

Bedenkt man jetzt, dass in diversen Internetforen immer gerne über den technoiden Sound und das Mainstreampotential von VNV Nation gelästert wird, so war es wirklich erstaunlich, wie viele junge Menschen hier nun standen und zumindest von ihrer Stimmung her ein völlig anderes Denken zum Ausdruck brachten.

Nun gut, sei es wie es sei, Ronan und Mark zogen hier eine Party der heftigsten Kategorie ab, die die Agra-Halle in ihren Grundfesten erschütterte. Wie darüber hinaus die Herren Keyboarder ins Spiel passten, war weniger klar zu erkennen. Ihre zeitweise Untätigkeit und akustisch nicht wahrnehmbare Präsenz ließen jedoch sehr auf eine Statistenrolle schließen, die ihnen aufs Auge gedrückt wurde. Lebende Bühnendeko wenn man so will!

Neben den beiden zu vernachlässigen Herren, gab es allerdings noch einige spannendere Details zu vermelden, die der Show ihren Stempel aufdrückten: Da wären zum einen die beiden Feuerartisten, die mit kreisenden Bewegungen Feuerräder in die Luft zauberten, sowie zum anderen Ronans Dankeschön an die deutsche Fanbase „VIPnation“, der er den Song „Legion“ widmete. Zusätzlich folgten noch Knallersongs wie „Standing“ und „Beloved“ und mit der Präsentation der neuen Single „Honour 2003“, sowie der Live-Uraufführung von „Solitude“ im Zugabenteil schlichen sich noch ein paar echte Specials in das fast 90minütige Konzert.

Damit wurde der WGT Auftritt der Briten trotzt leichter technischer Pannen vor und während des Auftritts (es hakte ein wenig vor „Standing“) als echter Erfolg verbucht werden.

 00:05 – Nach der Schlacht ist vor der Schlacht:

Nach dieser energiezehrenden Partyschlacht lichteten sich fürs erste die Reihen. Völlig geplättet und nach kühlen Getränken lechzend (die es aufgrund der hohen Nachfrage leider nur noch lauwarm gab) trieb es die Zuschauer an die Theke beziehungsweise ins Freie, um dort nach frischer Luft zu schnappen. Damit bot sich nun eine gute Gelegenheit für das letzte Gefecht des Tages eine günstige Position auf dem Schlachtfeld zu einzunehmen.

 00:50 – Laibach:

Die anschließende Wartezeit auf die slowenischen Avantgarde-Künstler „Laibach“ wurde jedoch zum endlosen Martyrium. Fast eine halbe Stunde zog sich der Umbau hin, bis gegen kurz nach halb Eins die Bühne in schummriges Licht getaucht wurde und in unregelmäßigen Abständen ein seltsam dumpfes Grollen aus den Boxen die Erde zum Beben brachte.

Die „Vorboten des Krieges“, um es mal unter dem militärischen Aspekt dieser seit über 20 Jahren aktiven Künstlervereinigung zu betrachten, gaben Anlaß zur Hoffnung auf einen baldigen Beginn. Leider blieb es bei der Hoffnung. Weitere zermürbende 15 Minuten strichen ins Land, bis die Panzer der Laibach-Armee vor den Toren der Agra-Halle angelangt waren und ihre Geschütze in Stellung gebracht hatten.

Als es dann einmal so weit war überschlugen sich allerdings die Ereignisse: Vor mittlerweile wieder gut gefüllten Rängen flackerten Videoprojektionen auf der am Bühnenrücken montierten Leinwand auf, das Licht erblaute und begleitet von einem elektronischen Countdown, der entfernt an den Bordcomputer der Orion 7 (Raumpatrouille Orion) erinnerte, traten die Musiker ins Rampenlicht. Gefolgt von einem kurzen Intro ging es sogleich richtig zur Sache: The Final Countdown (ja der von Europe) preschte in einer furiosen Electro-Rock-Version als, als Sänger Milan Fras mit putziger Sturmhaube behelmt die Bühne enterte.

Und der Mann, der tiefer singt als sein Schatten wusste, was er seinen Fans schuldig war. Knarzig-düster brachte seine Stimme die Bassboxen ins Schwitzen und drang dabei in Tiefen vor, bei denen selbst Peter Steele und Till Lindemann die Puste ausgehen würde. Gepaart mit filmreifer Präsentation und überragender Lightshow machte der Auftritt von Laibach von Beginn an mächtig Eindruck. Die alten Haudegen hatten ihr Publikum im Griff und schmissen mit „In the Army now“ gleich das nächste Brikett ins Feuer.

“Man muss dass Eisen schmieden solange es heiß ist“, werden sich die Slowenen gedacht haben. Denn nachdem sich die Stimmung bereits überaus gut entwickelte, griffen Milan und Co. zum großen Schmiedehammer: In Reminiszenz an DAF, die gestern an gleicher Stelle mit diesem Song abgeräumt hatten, setzte es nun „Alle gegen Alle“, was das Publikum als Befehl auffasste. Plötzlich wurden vor der Bühne die Ellenbogen ausgefahren und der Pogomob nahm seinen Lauf: „Achterbahn im Kreisverkehr“, „Autoscooter auf Ecstacy“, nennt es wie ihr es wollt, jetzt war richtig was los in Leipzig.

Danach glätteten sich die Wogen jedoch wieder. Ohne um weitere körperliche Schäden fürchten zu müßen nahmen die Dinge ihren Lauf, bis die Laibach mit „Life is Life“ von Opus in den frühen Morgenstunden den Friedensvertrag eines erschöpften Leipziger Publikums zu unterzeichnen bereit waren. Somit endete der zweite WGT-Tag mit dem ansprechenden Konzert einer Band, die bereits zu Lebzeiten dem Kreis der Legenden angehört und sich nichts mehr beweisen muss.

Mir bleibt darüber hinaus nur noch euch eine gute Nacht zu wünschen.
Bis morgen früh, in alter Frische, :D

Euer Ritti

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