10 / 10 Punkten
 


Disc Facts:



Label: 13th Planet Records

Spieldauer: 51:27 Min.
 

Tracklist:

-Rio Grande Blood
-Senor Peligro
-Gangreen
-Fear (Is Big Business)
-Lies Lies Lies
-The Great Satan
-Yellow Cake
-Palestina
-Ass Clown
-Khyber Pass
-Hidden Track (Sgt. Major)



Release: 05.05.2006
 

Band Homepage:
www.ministrymusic.com

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

MINISTRY - RIO GRANDE BLOOD


Auf die Plätze, fertig, los...
...Schuss und Tor! Eins muss man dem Altmeister der brachialen Provokation Alien Jourgensen auch nach all den Jahren echt lassen: wenn ihm etwas gegen den Strich geht, kann er zur Furie werden! Das Feindbild fest im Visier macht er mit "Rio Grande Blood" genau dort weiter, wo er mit "Houses of the Molé" aufhörte und pisst dem mächtigsten Mann der Welt wieder mit Wonne ins Gesicht!

Dabei muss man Rio Grande Blood nichtmal gehört haben, um zu wissen wohin der Hase läuft. Ein Blick auf das Artwork genügt: blasphemische Bildnisse eines George Bush, der als spreizgefingerter Messias aus dem Ölfass springt und mit madonnenhafter Scheinheiligkeit Werbung für Maschinengewehre macht. Wer jetzt glaubt "Aggressiver gehts nicht!" wird umgehend eines besseren belehrt:

Mit diabolischer Freude klemptnert Jourgensen gleich zu Beginn seines kleinen Infernos aus Wortfetzen eine Radioansprache zusammen, mit der er seinem Lieblingsfeind den Besitz von Massenvernichtungswaffen und die Beherrschung terroristischer Taktiken in den Mund legt. Bissiger und effektiver als es ein Michael Moore es je sein könnte, wird knallhart mit der US-Regierung abgerechnet (Lies Lies Lies), die Kenntnis von 9/11 angeprangert (The Great Satan) und der militärische Patriotismus aufs Korn genommen (Gangreen). Unschwer zu erkennen, gibt sich Alien Jourgensen Rio Grande Blood längst nicht mehr mit Wadenbeisserei zufrieden. Als Zecke im Pelz des schwarzen Schafes wird mit offenem Visier zu Felde gezogen und die Abteilung für "Interne Angelegeheiten" läuft auf hochtouren. Politsatire at its best bei der der "Klassenfeind" so viele linke Haken eingeschenkt bekommt, dass er regelrecht um einen rechten bettelt! Oder um es mit Bushs Worten zu formulieren: "I´m an asshole, I´m a dangerous dangerous man".

Nicht nur thematisch sondern vor allem auch musikalisch ist "Rio Grande Blood" das gemeinste Stück Industrial-Schrott, dass sich die letzten 10 Jahre jemand auf CD zu pressen traute: Räudig, brutal und unerbittlich walzt dieses Schlachtross alles nieder was sich ihm in den Weg stellt. Ein Hörzellenmassaker deluxe, aus rostigen Schraddelgitarren, bretternden Beats weit jenseits der 300BPM-Marke und massenhaft gallehaltigen Samples, die den Botschaften des Infernalisch bellenden Jourgensen weiteren Nachdruck verschaffen.

Gegen diese ölverschmierte Pleuelstange klingt das 2004er "Houses of the Molé" wie eine Sammlung bunter Heimatmelodien und selbst dem all-time Klassiker "Psalm 69" geht bei dieser Übermacht die Puste aus, zumal "Rio Grand Blood" nicht hirnlos drauflos drischt, sondern sich bei all der Brachialität noch einer enormen Bandbreite bedient. Vom straigten Aggro-Reisser (Rio Grande Blood) über rockige Grooves (Lies Lies Lies) bis hin zum elegischen Tribalsound (Khyber Pass) wird einiges geboten. Darüber hinaus sorgen Gastmusiker wie Jello Biafra (Dead Kennedys), Liz Constantine und Sgt. Major (Full Metal Jacket lässt grüssen) als grenzgenialem Marine Corps Schleifer für Abwechslung.

Obwohl zartbesaitete Naturen sich vermutlich angesichts der Urgewalten, die in dieser Scheibe schlummern, mit Grausen abwenden werden, ist Ministry mit "Rio Grande Blood" eine Offenbarung gelungen, an die sich hartgesottene Industrialfans noch lange erinnern werden. Al Jourgensen und seine Mannen halten nahezu durchgängig ihr schwindelerregend hohes Niveau aus brachialer Härte, spielerischen Feinheiten (starkes Solo bei "Ass Clown" übrigens) und zündenden Ideen (Radioansprache), dass es echt schwer fällt, ihnen auf kritischem Wege beizukommen. Fällt "Yellow Cake" zu Anfang mit seiner Sperrigkeit aus dem Rahmen übertreibt "Khyber Pass" es ein wenig mit den Jodeleinlagen. Das wars dann aber auch schon. Der Rest passt, wackelt und hat Luft bis zum geht nicht mehr und letzten Endes Reihen sich doch alle 10 Stücke brav auf den rote Perlenschnur.

Nachdem sich die Deutsche Fraktion der Industriemetaller weitgehend der Weichspülerei verschrieben hat, KMFDM zuletzt deutlich zahmer zu Werke gingen und "Nine Inch Nails" mit Alternative Elementen experimentieren, zeigen Ministry mit "Rio Grand Blood", dass der Mut zur Kompromisslosigkeit noch nicht versiegt ist. Richtungsweisend für ein ganzes Genre rebelliert der Staatsfeind Nummer 2 auf musikalisch höchstem Niveau und hisst das Starspankled Banner hilfesuchend auf Links. Zudem setzt das "Alien" auch für sich neue Masstäbe, sodass eigentlich nur zwei Fragen offen bleiben: 1. war das schon das Album des Jahres? und zweitens: "schafft er noch eins bevor der Alte abdankt?"

10/10 Punkten

Ritti

 

Anspieltips:

-Rio Grande Blood
-Gangreen
-The Great Satan