7,5 / 10 Punkten
 


Disc Facts:



Label: Nuclear Blast

Spieldauer: 42:27 Min.
Bonus CD:   19:25 Min.

Tracklist:

-
I´m Going In
-Monkey Business
-Follow Me
-Have A Drink On Me
-Don´t Care
-Reach Out (And Regret)
-Generation X
-No One Knows
-Live Fast / Die Young
-Not Your Kind
-Feed Us

Bonus:
-Behind The Wheel (Cover)
-Here Is The News (Cover)
-Follow Me (Peter Vox)
-Clouds Of Extasy (RMX)
-No One Knows (RMX)

Release: 31.10.2008
 

Produktion:
Peter Tägtgren
 

Homepage:
www.pain.cd
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Pain - Cynic Paradise (ltd. ed. Digipack)


Wer viel schmeißt hat bald nichts mehr...
Schmerz lass nach, da ist er wieder - Zwerg Peter der Große – mit seinem neuen Pain Album dass da lautet „Cynic Paradise“. Langeweile kommt Schwedens vielbeschäftigtstem Multimucker scheinbar nicht auf, beehrt er seine treue, stets wachsende Fangemeinde doch bereits mit dem zweiten Langdegen binnen anderthalb Jahren. „Breitschwert oder Krummsäbel?“, stellt sich da die Frage. Gelang es Peter Tägtgren neben den ausgiebigen Touraktivitäten im Nightwish-Vorprogramm schlagkräftiges Material zusammen zu schrauben?

Für den ersten Atemzug „I´m going in“ läßt sich die Frage uneingeschränkt bejahen. Wer Pain kennt weiß was ihn erwartet, wer nicht darf sich auf eine steife Brise eisigsten Elektrometalls gefasst machen, der einem Lenor gespülten Durchschnittsgoten schon mal gepflegt den Kalk aus der Kauleiste prügelt. Pain waren schon immer das Wick Blau unter den Steckdosenmetallern und daran hat sich mit diesem Einstieg nichts wesentliches geändert. Brachiale Gitarrenwände, die bisweilen ihren Ursprung (Peters Hauptband Hypocrisy) nicht leugnen können, treffen auf das lederleberne Reibeisenorgan Peter Tägtgrens. Garniert mit elektronischen Sprengseln und choralen Flächen beschert der Opener uns einen eisenharten Ritt auf Messers Schneide.

Monkey Business“ zieht das Tempo stellenweise sogar noch an. Gallopierende Riffs und ballernde Doppelherz-Attacken wechseln sich mit verschleppten Passagen und schrauben dem geneigten Saitenfreund mit Vormacht die Rübe vom Balkon. Leider nähert sich „Cynic Paradise“ mit dem anschließenden „Follow me“ bereits seinem vorzeitigen Höhepunkt. Im Duett mit der wieder erblondeten Nightwish-Amsel Anette Olzon liefert Peter hier mit Abstand den dicksten Ohrwurm der Paingeschichte ab. Das Zusammenspiel der beiden unterschiedlichen Charaktere funktioniert auffallend gut und stellt mich als Hörer erneut vor die Erkenntnis, dass Frau Olzon wohl in so ziemlich jeder anderen Bands besser aufgehoben wäre als bei Nightwish.

Have A Drink On Me“ lässt es da etwas gemütlicher angehen und trifft sich mit Jim, Jack und John auf eine Lemmynade (oder zwei). „Sattel die Henne wir gackern nach Texas“, packt Hop´Along Pete die Südstaatenklampfe aus und semmelt uns einen beinharten Knäckebrotwestern um die Ohren, der selbst dem alten Clint vor Schreck den Zigarillo aus der Gosche kippen lässt. Mit 37,5%er Präzision beschreiten Pain hier bandinternes Neuland, das ihnen durchaus Geistreich zu Gesicht steht.

Frisch ausgenüchtert folgt mit „Don´t care“ ein 2 Minuten und 42 Sekunden andauernder Wutausbruch. Präzise und volles Rohr auf Angriff wird hier nicht lange gefackelt. Ist es zu stark bist du zu schwach. Knüppel aus dem Sack! Ich liebe es! Dampframmen-Industrial-Eisen ohne Kompromisse, für das manch andere Band eine ganze Weile zu stricken hat.

Leider hält die zweite Hälfte des zynischen Paradieses auch ein paar unliebsame Überraschungen parat. Reach Out (& Regret) verliert sich musikalisch nach anfänglichem „Beautiful People“-Schunkelriffing in einem unspektakulären Refrain am Rande der Besinnungslosigkeit. Gerettet wird das Ganze durch den Text, in dem Peter offenbar seine Begegnung mit dem Leipziger Nachtleben im Frühjahr diesen Jahres verarbeitet. In diesem Sinne „Was dich nicht umbringt macht dich härter!“.

Davon ist in „Generation X“ und „No One Knows“ wenig zu spüren. Das eine ein anfangs eher blasser Rocker mit Popallüren das andere die Quotenballade des Albums, wenn man bei Pain überhaupt von Ballade sprechen kann. Zugegeben, keine üblen Tracks aber weit vom packenden Niveau der Anfangsspitzen entfernt. Daran scheint auch Live Fast / Die Young zunächst nichts ändern zu können und lullt den Hörer mit seinem unmotiviert dahingewischten Allerweltsgeschrammel so richtig ein. Doch gerade als man sich ertappt mit den Gedanken abzuschweifen durchbohrt einen der beißende Refrain mit tödlicher Präzision. Live Fast / Die Young - Burn Fast / Die Hard! Ein Spaß für die ganze Familie.

Not Your Kind“ versucht sich als dreckig intonierter Rammstein-Stampfer ohne Fehl aber auch ohne Adel, bevor uns zum Abschluss Björn Ulvaeus und Agnetha Fältskog, alias  Peter Tägtgren und Anette Olzon eine gepfefferte Medienschelte um die Ohren hauen, bei der nicht nur Abba-Fans sich ein breites Grinsen verkneifen müssen. Letztlich ändert das jedoch ebenso wenig an der Durchschnittlichkeit der zweiten Albumhälfte, wie die beiden bemüht eingeschrubbten Coverversionen zu Depeche Modes „Behind The Wheel“ (naja) und ELO´s „Here Is The News“ (passabel) im Bonusteil der limitierten Auflage. Spätestens wenn „Follow Me“ -dieses mal in der Peter-Solo Version- erklingt macht sich der Klassenunterschied bemerkbar.

Abgerundet wird das Package von einem erfrischend elektronischen Remix des „Psalms Of Extinction“-Hits „Clouds Of Extasy“, der sich mit seinem lockeren Apoptygma Sound als heißer Kandidat für die nächste Dunkeldisco empfiehlt. Den finalen Remix von „No One Knows“ braucht dagegen kein Mensch!

Im Vogelflug betrachtet bemüht sich Peter Tägtgren mit „Cynic Paradise“ weiterhin Pain in seinem eigenen weitgehend kitschfreien Mikrokosmos zu bewahren und bietet damit nach wie vor eine der wenigen erfrischenden Alternativen zu den ausgelutschten Neue Deutsche Härte Pfaden. Wo Pain drauf steht ist Pain drin. Hart, direkt und ohne lange Diskussionen. Wer etwas anderes behauptet lügt. Hinzu kommen die gelungenen Experimente mit Anette Olzon, die es als erste Frau hinters Pain Mikro schaffte, sowie der launige Ausflug ins Blues Lager. Dennoch nimmt sich „Cynic Paradise“ trotz seiner kompakten Distanz von 42 Minuten immer wieder kreative Auszeiten, die den Finger gefährlich nahe über der Skip-Taste kreisen lassen.

Für Fans ist das Album ein absoluter Pflichtkauf. Neueinsteiger sollten sich den Vorgänger „Psalms Of Extinction“ dazu holen und anschließend mit „Cynic Paradise“ durchstarten. Ein gelungenes Album das sein Pulver leider zu früh verschießt. Vielleicht hätte Peter doch jene Spam-Mail lesen sollen, die da lautete: „Nie mehr zu früh kommen...!“.

7,5 / 10 Punkten

 

Anspieltips:

-Follow Me
-Have A Drink In Me
-Don´t Care
-Generation X
-Feed Us