16.02.2008 - Back With Darkness, Kangaroo Door (Lehrte, Happy Farmer’s Club)

"Probier´s mal mit Gemütlichkeit!" Selbst den größten Poeten unserer Zeit dürfte keine treffendere Umschreibung für die Geschehnisse einfallen, die sich am  Abend des 16. Februar im Gasthaus zum glücklichen Bauern zutrugen! Erst vor wenigen Wochen aus der Taufe gehoben, lud der in Lehrte beheimatete Happy Farmer´s Club zum Konzert mit den Hamburger Angry-Pop Experten "Back with Darkness", die im Rahmen ihrer „Wrong Expectations“-Tour einen kurzfristig eingeschobenen Abstecher in die ländliche Kleinstadtidylle wagten, um ihr gerade erschienenes Debutalbum "Wrong Expectations" vorzustellen. Unterstützt von den Braunschweigern Kangaroo Door, dürften vermutlich die Kürze des Promotionvorlaufs, sowie das offensichtliche Auswärtsspiel der Hamburger dazu geführt haben, dass ihnen die Erfüllung ihrer Mission heute um einiges schwerer fiel, als vor heimischer Kulisse.

Als ich gegen 20 Uhr am Lehrter "Lindenberg 5" einparkte und vergeblich nach einem Udo suchte, leuchtete mir bereits ein Schild mit der Aufschrift "Happy Farmer´s Club entgegen. So weit so offensichtlich. Doch die Suche nach dem Eingang gestaltete sich als munteres Ratespiel. Rechts ums Eck gelugt, in einen Dunklen Hof geblickt, entschied ich mich dann doch für Tor 2 zur linken und zog dabei glücklicherweise nicht den Zonk während ich mich an der freundlichen Hausherrin vorbei zur Band vormogelte, die in geselliger Runde um die mit Roadhouse-Dekor verzierte Theke saßen.

In der darauf folgenden Stunde zeichnete sich bereits ab, dass es heute in den Räumlichkeiten des Hauses recht beschaulich bleiben würde und was ich sah weckte in mir jedoch ziemlich gemischte Gefühle. Vor allem technisch präsentierte sich der wenige Wochen junge Club noch kaum konzerttauglich. Ein paar kreischbunte Disco-Blinker, seitlich im Raum aufgestellt, sowie eine schmucklos in den in den Raum gelegtes Podest als Bühne boten bestenfalls spartanische Voraussetzungen für eine Live-Show.

Dem entgegen stand das Innendesign des Ladens. Neben der nett hergerichteten Theke, Tischen, Stühlen sowie einer guten alten Jukebox in der Ecke, waren es vor allem die liebevoll gestalteten Wallpaintings im Rock´n´Roll Gewandt, die dem Club einen gewissen Charme verliehen. Donald Duck mit aufgefönter Schmalztolle war nur eine von vielen Ideen, die es an den Wänden zu bestaunen gab. Bands der entsprechenden Zielgruppen dürften sich hier in Zukunft sicher wohl fühlen.

Heute wiederum sollte es mit Back With Darkness eine Spur düsterer zur Sache gehen. „Female Fronted Angry Pop“ aus dem hohen Norden, der mit seiner Kombination aus alternativen Rockelementen und einer Spur Amazonenmetall eine geballte Ladung Power zu erzeugen vermag. Doch bevor es soweit war, mühte sich eine Braunschweiger Combo mit dem eigenwilligen Namen "Kangaroo Door" nach Kräften, das spärlich gesäte Publikum zu unterhalten.

Musikalisch ließ mich der Auftritt des Quintetts musikalisch jedoch weitestgehend kalt. Dabei schlug sich Sängerin und Band-Küken Kathi zwar Tapfer.bewies aber nicht unbedingt das glücklichste Händchen auf der Jagd nach den passenden Tönen, während Jung-Vater und Gitarrist Joris als Holländer von Welt für den entsprechenden Ausgleich und nuckelte brav auf einem Schnuller, den ihm seine Bandkollegen zur Feier des Tages verpasst hatten.

Nach einer knappen Dreiviertelstunde inklusive „Kuschelsong“ folgte dann die Wachablösung. Das Känguruh hoppelte zurück ins Gehege und die Rockers von der Waterkant klinkten ihre Gitarren ein:

Mit frisch gepressten Debütsongs im Gepäck, ließen sich die Hamburger nicht lange bitten und bestätigten schnell den Eindruck des letztjährigen Dropout-Festivals, dass sie es mit ihrem ungestümen Rockbrett absolut ernst meinen. Gut, an den optischen Feinheiten, wie einem stylischen Bühnenoutfit könnte die Band noch arbeiten aber was das musikalische anbelangt, präsentierten sich Sängerin Melanie und ihre Jungs erfreulich sattelfest und spielfreudig. Wie das eben so klingt, wenn eine Band mit Ideen und spielerischem Potential die steinige Herausforderung des „Dreck fressens“ annimmt um ihren Platz in der Musikwelt einzufordern.

Nachdem der Auftakt ihrer „Wrong Expectations“-Tour in heimischen Gefilden überschwänglich gefeiert wurde, ließen sich die erdverwachsenen Niedersachen nicht gar so schnell aus der Fassung bringen und verfolgten, der Anatomie des Saales entsprechend, das Geschehen bequem im Sitzen. Allerdings nicht, ohne zwischen den Songs stetig wachsenden Beifall zu spenden. Und so entwickelte sich die selbstbetitelte "Werbeveranstaltung" allmählich doch noch zu einem Konzert, bei dem die Band straighte Rocker wie "Excusez Moi", "Break the Law" oder "Gasolina" ("jau, dat kenn ich!") mit Tanznummern á la "Drama in the D.I.S.C.O." und vertrackten Rhythmusgranaten vom Schlage eines "Poems of a Midnight Stalker" vermengten. Fehlte eigentlich nur noch das Küchenmesser ;) für den "Final Cut". Stattdessen durfte Gitarrist Shorty zum Schluss noch einmal liebevoll (achtung Insider) seine Saitenorgel "vergewaltigen".

Obwohl auch Back With Darkness es nicht leicht haben werden im Haifischbecken des Rock-Zirkus zu bestehen, unternehmen die Hamburger zumindest den Versuch, sich auch über die Grenzen der Hansestadt hinaus Gehör zu verschaffen. Das Gespür für zündende Ideen und die nötige Reife, sie schlagkräftig umzusetzen ist Live definitiv vorhanden. Oder um es mal mit einer Einlage von Gitarrist Jan(sen) zu umschreiben: Wer auf der kleinen Bühne großen Sprünge vollführen kann, der schafft das auch wenn er Platz hat!

In der Würze der Kürze verabschiedeten sich Back With Darkness nach rund 45 Minuten unter dem Beifall der Publikümmer und Kollegen, um nach vollbrachtem Tagwerk im Farmer Club die Ernte einzufahren, sprich ein paar Exemplare ihres Albums an den Bauern, bzw. die Bäuerin zu bringen. Die Hausherren des Happy Farmer Club´s zeigten sich indessen offen für Anregungen zur weiteren Gestaltung des Clubs und ließen Durchblicken, dass die derzeitige Form des Ladens noch längst nicht das Ende der Fahnenstange bedeutet und man in Zukunft gerne am Feintuning arbeiten will.

Gegen Mitternacht machte ich mich anschließend auf den unausweichlichen Heimweg, mit den Eindrücken eines beschaulichen Rock-Abends, der aus Sicht der Veranstalter und Bands enttäuschend verlief, vermutlich aber durch die sehr kurzfristige Vorankündigung von wenigen Tagen von vornherein zum Scheitern verurteilt war.

 ---> FOTOS VOM KONZERT <---