Folge 11: 06.11.2002 - Covenant, Seabound, Dupont  (FAUST / Hannover):

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Ausgabe von Rittis Feierabend, heute mal wieder live, in Farbe und bunt vom Ort des Geschehens in Hannovers lautester Bettfedernfabrik, dem Faust, wo sich mit Dupont, Seabound und Covenant gleich drei der angesagtesten Bands aus dem Electrobereich für ein munteres Stelldichein angekündigt hatten.

Es lag schon ein Hauch von Gothic in der Luft, als ich gegen kurz nach sieben Uhr den knapp viertelstündigen Marsch vom Ihme-Zentrum zum Ort des Geschehens aufnahm. Die gigantisch aufragenden Türme des Elektrizitätswerkes im Hintergrund und die winterlichen Temperaturen wirkten zusammen mit dem fahl schimmernden Licht der Straßenlaternen wie eine ideale Einstimmung auf den heutigen Konzertabend. Als ich nach besagten 15 Minuten (ja OK ich bin ´nen Umweg gelaufen...) vor dem Eingang der „60´er Jahre Halle“ eintraf, tummelte sich bereits ein erkleckliches und mehr oder minder fröstelndes Völkchen, vor dem noch geschlossenen Eingang. Da das „Sesam Öffne Dich“ jedoch noch eine Weile auf sich warten ließ, begann zunächst einmal die Zeit des Wartens und Bibberns.

Entsprechend dicht wurde anschließend das Gedränge, als um 20 Uhr die Pforte geöffnet wurde und die Security ihr allabendliches Fummelritual begann. Für gesellschaftlich unbedenklich befunden, schlich ich mich alsdann zum Kassenwart vor um mir gegen eine geringfügige Schutzgebühr das obligate Brandzeichen für den Einlass auf die Pfote stempeln zu lassen. Diese Hürde routiniert gemeistert, fiel mein Blick nun zunächst auf den Merchandising-Stand, der im Gegensatz zur vorigen Woche bei Schandmaul nicht in einer dunklen Ecke sein Dasein fristete, sondern in strategisch günstiger und vor allem erleuchteter Position in der Vorhalle in Position gebracht worden war, wo sich bereits ein paar Interessenten um die ausgestellten T-Shirts und Tonträger scharten und damit die Verkäuferin redlich auf Trab hielten. Nachdem auch ich, kraft der mir anvertrauten Englischkenntnisse („ich hätte gern das mit dem Stuhl!“ - „???“ - „ahm that one please“), eines der begehrten Leibchen erstanden hatte, konnte es nun endlich losgehen.

Vor der Bühne angekommen, lautete die Devise allerdings ein weiteres Mal „warten“, denn bis zum offiziellen Beginn um 21 Uhr blieben noch ellenlange 45 Minuten Zeit, um dem Publikum beim eintrudeln zuzusehen und zu beobachten, wie sich ein kräftig gebauter Herr von der Security auf der Bühne postierte um über Technik und Instrumentarium ein wachsames Auge zu haben. Scheinbar hatte jemand die Befürchtung, ein unerschrockener Fan könnte sich mit einem Keyboard unter dem Arm unauffällig durch den Vorderausgang aus dem Staub machen. Da aber nichts dergleichen stattzufinden drohte und auch die sporadisch abgestellten Biergläser kurzerhand entfernt, konnte um kurz nach neun der eigentliche Grund meines Daseins beginnen: Das Konzertprogramm!

Wummernde Electrobeats ertönten, die Lichtanlage flammte auf und vor rund 250 Leuten enterten die beiden Dupont-Tastoleros Danucci und Riccardo die Bühne um mit einigen Synthi-Linien ihre knapp dreißigminütige Show einzuläuten. Den eigentlichen Startschuss gab dann allerdings Sänger Juan, der sich nach einem ordentlichen Schluck Hopfenkaltschale ebenfalls aufs Parkett gesellte um mit einigen relaxten, harmonischen Gesangspassagen einen lockeren Start in den Abend zu präsentieren. Der erste Song des schwedischen Trios „Money“ präsentierte sich dann auch als eine gelungene Reminiszenz an die Synthi- und EBM-Ära der 80er Jahre und brachte mit seiner ruhigen, bisweilen kühlen Stimmung das Publikum auf eine sehr angenehme Art in den Abend.

Kurz darauf hatte es sich jedoch erledigt mit der Harmonie. Denn mit „Collaborate“ folgte sogleich eine Nummer aus der Kategorie Knüppel aus dem Sack, die Juan nach einem weiteren Schluck aus der Pulle mit frisch geöltem Organ zum Besten brüllte. Im weiteren Verlauf des Auftrittes wechselten sich dann härtere und softere Nummern aus dem Dupont-Debütalbum „Ukraina“ ab und verleiteten zum fröhlichen Mitmachen. Die Show selber gestaltete sich dabei so, dass Danucci (aus Publikumssicht links) und Riccardo (rechts) recht stoisch ihre Arbeit an den Keyboards verrichteten, während Sänger Juan speziell bei Stücken wie „EXPO 2k“ und „Deliver Your Love“ für die energiegeladenen Elemente zuständig war und als Aktivposten immer wieder zum unberechenbaren Ungetüm wurde.

Zu meinem Bedauern musste ich allerdings feststellen, dass sich das Hannoveraner Publikum gegenüber den drei Schweden einmal mehr von seiner reservierten Seite zeigte und größtenteils durch teilnahmsloses Herumgestehe glänzte. Abgesehen von einigen Johlern und Klatschern zwischen den Songs tat sich daher kaum etwas vor der Bühne, sodaß die aufrichtigen Bemühungen der Drei, etwas Pepp in die Bude zu bringen, weitgehend im Sande verliefen. Etwas unter Wert verkauft, räumte das mittlerweile leicht entblätterte Trio nach gut 30 Minuten die Bühne und überließ das Feld der Stage-Crew, die eilig mit dem Abbau der zahlreichen Gerätschaften begann, um den Auftritt von „Seabound“ vorzubereiten, welche sich in wenigen Minuten als Zweite in den Ring stürzen sollten.

Gesagt, getan: Nach einer knappen Viertelstunde tauchte das Scheinwerferlicht die Bühne in ein dunkles Blau und Seabound Keyboarder Martin bezog hinter seinem zweistöckigen Tastenturm Stellung, um seinem Kollegen Frank, seines Zeichens Stimmbandmusikant, mit den ersten Klängen von „Exorcize“ einen gelungenen Auftritt zu ermöglichen. Was dann in den folgenden 45 Minuten musikalisch geboten wurde, lässt sich am einfachsten als eine ausgewogene Mixtur aus tanzbar treibenden Electrosounds, und tranceartig schwebendem Synthipop einsortieren.

Angefangen mit dem Tanzflächenfüller „Exorcise“ arbeitete sich das dynamische Duo Stück für Stück durch sein Debütalbum „No Sleep Demon“ und sorgte damit endlich für ein wenig Stimmung unter den Zuschauern. Mit „Smoke“, „Torn“, „Travelling“ und „Coward“ warfen Frank und Martin alles an Tanzbudenpotential in die Waagschale, was sie zu bieten hatten und präsentierten der warmgesteppten Menge mit „Avalost“ eine astreine Nummer zum Träumen und Dahinschweben. Unterbrochen wurde der bunte Reigen lediglich von einigen Ansagen, die Frank dazu nutzte von den Erlebnissen der gerade abgeschlossenen Amerikatour zu berichten und anzudeuten, wie man sich fühlt, wenn ein unsichtbarer Heckenschütze sich mal eben dazu entschlossen hat die Gegend unsicher zu machen. Darüber hinaus nahm er den Song „Avalost“ zum Anlass zwei namentlich nicht näher genannte Personen aus dem Publikum zu begrüßen und ihnen dieses Stück zu widmen.

Obwohl beim Auftritt von Seabound musikalisch nichts anbrannte, muss man sagen, dass sich die Präsentation noch als ausbaufähig zeigte. Abgesehen von ein paar bunten Lichtern wirkte das Ganze eher unspektakulär. Keyboarder Martin erinnerte mit seiner statisch-konzentrierten Art stark an einen gewissen Herrn aus dem Hause Wolfsheim und verzog über das komplette Konzert kaum eine Mine. Somit konnte auch Frank, der vorne im Rampenlicht agierte, wenig darüber hinweg spielen, obgleich er mit diversen Ronan-Harris-Segelflugeinlagen und mechanischen Bewegungen der Marke „Terminator am VW-Fließband“ immer wieder für optisch heitere Einlagen sorgte. Dementsprechend endete der Auftritt genau wie er angefangen hatte (nur in umgekehrter Reihenfolge): Frank verließ ohne große Worte die Bühne, das Licht färbte sich bläulich und Martin verbrachte die letzen Sekunden hinter seiner Tastatur um wenig später ebenso unauffällig das Feld zu räumen.

Die nächsten 20 Minuten standen nun erneut im Zeichen des Um- bzw. Abbaus, denn genauso wie im Laufe des Abends wurde nun das stattliche Technikarsenal weiter dezimiert und bis auf einige abgedeckte Gerätschaftenweitestgehend von der Bühne geschafft, um der eigentlichen Attraktion des Abends, den Schweden von Covenant eine halbwegs aufgeräumte Spielwiese zu übergeben. Darüber hinaus begann nun Covenant-Tonmann Jürgen Jansen (hauptberuflich Mitglied des Project Pitchfork) mit immer hektischeren Schritten zwischen den Apparaten umher zu wuseln und sich von deren einwandfreier Funktionsweise zu überzeugen. Leider gab es aber offenbar ein Problem mit einem der Apparillos und so nestelte Herr Jansen reichlich unentwegt an dessen Verkabelung umher, bis ihm der Fehler ausgemerzt schien. jetzt fehlte lediglich noch des finale OK des MFA (Manager Für Alles) Kai Lotze, der mit einer Taschenlampe bewaffnet noch einmal das Geläuf abschritt. Dabei entdeckte er gerade noch rechtzeitig, dass sich der Mikroständer am von uns aus rechten „Emulator“ schlaffgurkig in Richtung Abwärts geseilt hatte und noch einmal neu justiert werden musste. Letztendlich hieß es dann aber doch „Manege frei“ und die am hinteren Bühnenende aufgebauten Monitore begannen in flackernden Lettern den Namen „Covenant“ zu zeigen, während Herr Lotze noch einmal aus dem Guckloch des Backstageraumes (Vorsicht Kopfhöhe!) auf das wartende Volk hernieder blickte.

Begleitet von einem Meer von Farben bezogen jetzt jedoch Clas (Nachmanson) und Joakim (Montelius) hinter ihren Tastaturen Position und erklärten mit „Monochrome“ die „Northern Light-Festspiele 2002“ in Deutschland feierlich für eröffnet, bevor sich Sänger Eskil (Simonsson), adrett in Mantel, Hemd und Weste gekleidet, zu seinen Kollegen gesellte und vom Publikum durch einen lautstarken Schrei empfangen wurde. Sichtlich bewegt durch die herzliche Begrüßung reagierte Eskil mit einem fast schon verlegenen Lächeln, das ihm wenig später jedoch um ein Haar im Halse stecken blieb, als sich urplötzlich sein Mikro im stetigen Wechsel mit Joakims Synthi-Bank aus den Boxen verabschiedete. Getreu den Regeln eines Auftaktkonzertes hatte sich der Technikteufel in den Kabelsalat auf der Bühne geschlichen und spielte nun mit den Covenanten Katz und Maus. Daher blieb den drei Schweden für den Moment nichts anderes übrig, als am Ende des ersten  Songs eine Pause einzulegen und die Technik checken zu lassen.

Knapp fünf Minuten und etliche gerüttelte Kabel später konnte es dann gottlob weitergehen. Souverän und ohne großes Trara entschuldigte sich Eskil förmlich für die Unannehmlichkeiten und kehrte mit „Tension“ zur Tagesordnung zurück. Damit begann der Teil des Konzertes, den ich am ehesten als gegenseitiges Abtasten und Beschnuppern, kurz die Auftauphase bezeichnen würde. Stück für Stück mehrten sich die wippenden Füße und nickenden Köpfe und einhergehend mit dem 1997er Klassiker „Feedback“ wurden auch auf der Bühne die Aktionen lebhafter, bis zu „No mans land“ sprichwörtlich der Knoten platzte und schlagartig Leben in die Bude kam. Begleitet von einer grandiosen Lightshow entwickelte sich der Abend zum Audiovisuellen Erlebnis mit der Lizenz zum Abtanzen, kurzum, das Faust bebte.

Dummerweise blieben die angenehmen Erschütterungen nicht ohne Folgen, denn von Zeit zu Zeit schlich sich erneut der Fehlerteufel in die Akustik und ließ sowohl Joakim als auch Eskil zumeist ohne Vorwarnung ins Leere laufen, was von den Opfern unterschiedlich aufgenommen wurde: Während man Eskil ansah, dass ihm das Ganze zunehmend peinlicher wurde, hatte sich Joakim dazu entschlossen, die kleinen Soundhüpfer schlichtweg zu ignorieren und übte sich stattdessen demonstrativ im „wie-ein-Flummi-hinter-dem-Keyboard-herumspringen-und-reichlich-Gasgeben“. Da war es dann auch wurscht ob das Mikro auf welches er lauthals einbrüllte offen oder geschlossen war.

Endlich auf Betriebstemperatur angelangt, kam nun die Zeit die Schiffe in den Hafen zu holen. Der Megahit des neuen Albums „Call the Ships to Port“ wurde dann auch mit voller Wucht auf die Menge losgelassen und marschierte ohne Umschweife ins Tanzbein. Auch das folgende Stück „Wasteland“, welches nach Angaben des eher schweigsamen Eskil erstmalig in Deutschland gespielt wurde, trug weiter zum Gelingen des Abends bei, wie auch „Prometheus“  und die neue Single „Bullet“, der man gemessen an der Reaktion des Publikums ihr Hitpotential deutlich anmerkte.

Da sich die Raumtemperatur im FAUST inzwischen stark in Richtung Siedepunkt verschoben hatte, erschien Eskil die Gelegenheit günstig sich erst einmal seines Mantels zu entledigen. Außerdem hatte er sich zu „Dead Stars“ eine kleine Gemeinheit der Kategorie „spontaner Publikumskontakt“ einfallen lassen und wanderte alsdann dicht am Bühnenrand umher, wo er nach dem Zufallsprinzip den Kandidaten der Ersten Reihe das Mikrofon unter die Nase hielt. Da auch ich mit dem Beitrag „...Still Burn...“ zu den Auserwählten zählte, wage ich mich an diese Stelle jeglichen weiteren Kommentars zu enthalten, doch das Grinsen eines Honigkuchenpferdes auf Eskils Gesicht machte deutlich, welchen Spaß er dabei hatte.

Nach den toten Sternen ging die musikalische Reise zurück in das Jahr 1997: „Stalker“ stand auf dem Programm, gefolgt von „Go Film“. Mit „We Stand Alone“ vom aktuellen Album ging nach knapp 70 Minuten der Hauptteil der Show zuende. Nach mehrmaligem Bitten und lautstarken „Zugaberufen“ erschien der flotte Dreier natürlich ein weiteres Mal, um nun buchstäblich den Sack zuzumachen. Ohne mit der Wimper zu zucken wurde dem Volk gegeben wonach es verlangte, „Der Leiermann“. Mit einer unglaublichen Energie wurde dieser einzig deutschsprachige Song der Schweden vom Leder gezogen und ebenso leidenschaftlich abgefeiert. Da kam die zweite Zugabe „Babel“ gerade recht, bevor nach einer weiteren kurzen Pause „Invisible & Silent“ den Puls wieder senkte.

Die hymnenhafte Ballade mit der Lizenz zum Kuscheln diente in diesem Falle als Ruhe vor dem Sturm, denn mit dem vorletzten Stück „One World One Sky“ rastete die Menge sprichwörtlich aus. Immer und immer wieder hallte es, einem Schlachtruf gleich, durch den Saal, als 500 Kehlen lauthals „One World One Sky – We Live We Die“ skandierten. Von der aufgebauten Energie elektrisiert, brachen nun auch bei den Covenanten alle Dämme. Joakim mutierte endgültig zum menschlichen Gummiball, Clas hielt es nicht mehr hinter seiner Tastatur und auch der sonst so gefasste Eskil kam sichtbar aus sich heraus. Das führte dann sogar soweit, dass er sein Mikrofon vorne links an den Bühnerand legte, sich zum Abtanzen in Richtung Mitte zu verabschieden.

Die dritte Zugabenpause fiel nach diesem Kraftakt natürlich um einiges länger aus als die beiden zuvor zuvor. Die führte dann dazu, dass so mancher Besucher bereits mit dem heutigen Abend abgeschlossen hatte, als plötzlich aus dem Hintergrund drei durchgeschwitzte Schweden noch einmal die Bühne enterten und getreu dem Motto „Einen haben wa noch“ „Figurehead“ als letzten Song des Abends ins Rennen zu schicken. Begleitet von tanzenden Menschen, pulsierenden Electroklängen und blitzendem Strobofeuer wurde alsdann ein begeistertes Hannoveraner Publikum in die kalte Novembernacht entlassen.

Abschließend kann ich daher nur noch festhalten, dass dieser Feieraben eine wirklich runde Sache war:
Die Supports Dupont und Seabound machten ihrer Funktion alle Ehre und fügten sich trotz eines verhaltenen Publikums wunderbar in das Gesamtbild ein. Darüber hinaus verstanden es Covenant selbst meisterlich, mit ihrer Mixtur aus wuchtigem, tanzbarem Electro, beeindruckender Lightshow und ausgestrahlter Power die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen und schlichtweg zu elektrisieren. Somit kam trotz technischer Hindernisse nie ein Zweifel daran auf, dass die Schweden es absolut drauf haben ihre Fans zu begeistern. Sollte der Covenant-Tross einmal in eurer Nähe halt machen, so kann ich euch einen Besuch nur wärmstens an Herz legen.

Vielen Dank für eure Ausdauer und Gute Nacht,

euer Ritti

Und zur Belohnung für euer Ausdauer gehts hier gleich weiter zur Ga”ll”erie!